Die tätowierten Chin-Frauen

 

Und dann sitzen wir da mit Oma und Opa des Busfahrers und nippen an unserem Tee. „Esst, esst!“ deutet uns der Opa immer wieder, doch bei den Snacks zuzugreifen. Am Weg nach Mindat ist der Busfahrer nämlich einfach in ein kleines Dorf abseits abgebogen und hat uns und einen weiteren Fahrgast mitgenommen, um uns seiner Oma und seinem Opa vorzustellen!!! Wir sind auf dem Weg nach Mindat, wo wir in der Umgebung zu einigen Dörfern wandern wollen, um die Chin zu besuchen.

 

 

Reden können wir zwar nichts miteinander, aber das hindert den hutzeligen, braunen Opa keinesfalls daran, uns viel zu erzählen. Wir zeigen ihm Fotos von zu Hause, vom Schnee, doch damit kann er nichts anfangen. Aber unsere weitere Reiseroute „Mindat, Hakha, Falam“,  gibt er gleich an alle anderen anwesenden Dorfbewohner weiter. Nach vielen „Dankeschön“ bekommen wir als Wegzehrung noch jeder ein Sackerl mit Keksen geschenkt, dann fahren wir weiter. Die Reise dauert so statt wie geplant 1 ½ Stunden zwar 4 ½ , was auch damit zusammenhängen kann, dass der Bus eine Stunde zu spät gekommen ist, doch dafür kennen wir jetzt Oma und Opa😉

 

In Mindat angekommen, geht Karl ein Guesthouse suchen, während Karin auf das Gepäck aufpasst, und dabei einen Glücksfall kennenlernt. Er heißt Gal und ist aus Israel. Wir wollen hier ein wenig zu Chin-Dörfern wandern, um die schönen Frauen mit ihren Gesichtstätowierungen zu besuchen, und Gal erzählt, er möchte am nächsten Tag ebenfalls aufbrechen, und er hätte am GPS einen Weg gefunden. Spontan bietet er uns an, ihn zu begleiten, und, kaum einen fragenden Blick zwischen uns später, sagen wir zu. Wir wollen versuchen, in einem Dorf bei den Leuten zu übernachten und freuen uns schon auf die Wanderung zu mehreren Chin-Dörfern.

 

In diesem und im folgenden Artikel finden sich deshalb auch viele Fotos von Gal Jaschek, die wir mit seiner Erlaubnis hier veröffentlichen.

 

 

Am nächsten Morgen um acht Uhr wandern wir los. Erst auf geteerter, dann auf einer Sandstraße steigen wir fast hinunter zum Fluss, dann rechts ab den Hang hinunter zu einer schwankenden Hängebrücke, die wir überqueren, bevor es die nächsten Stunden aufwärts in die Berge geht. 

 

 

Die Chin wurden von baptistischen Missionaren christianisiert, weshalb es im Dorf Pu cone eine weithin leuchtende blaue Kirche gibt. Doch auch die Buddhisten sind vertreten und bereiten im Kloster gerade alles für das Eröffnungsfest eines neuen Gebäudes vor. Hier sehen wir erstmals die Chin-Frauen richtig nahe, auch wenn sie in Mindat selbst immer wieder im Vorübergehen zu sehen sind.

 

Fotos von Gal Jaschek:

 

Die Chin tätowieren ihre Frauen im Gesicht. Der Ursprung des Brauches ist ein wenig umstritten, aber Tata hat uns beim Goldenen Felsen erzählt, dass es vier verschiedene Gruppen mit jeweils eigenem Muster gibt, und die Männer anhand des Musters erkennen, ob die Frau ihrer Wahl aus einer Gruppe ist, die sie heiraten dürfen. Das hier um Mindat vorherrschende Muster sind Halbkreise mit Strichen vom Kinn über die Wangen bis zur Stirn, über die Nase verlaufen parallel senkrecht verlaufende Striche. Manche haben auch Punkte um das Kinn tätowiert. Von weiten oft wie schwarze Flecken aussehend, sind die Tatoos aus der Nähe sehr gut zu erkennen.

 

 

Ab hier geht es auf einem schmalen Fußweg weiter ins nächste Dorf. Die Häuser sind aus Bastmatten oder Holz, viele sind noch mit Stroh gedeckt.

 

 

Immer öfter sehen wie jetzt die tätowierten Frauen, die Pfeife rauchend ihrer Wege gehen oder vor ihren Häusern sitzen. An die Häuser sind Tierschädel genagelt.

 

 

Die Steintische dien(t)en den animistischen Chin als Altar und enthalten/enthielten die Asche der Vorfahren. 

 

 

Obwohl die Chin heute Christen oder Buddhisten sind, sind sie nach wie vor nebenher oft Animisten, die an Nats, Geister, glauben. Den großen, gabelförmigen geschnitzten Brettern  werden übernatürliche Energien zur Abwehr von Feinden zugeschrieben.

 

 

Im nächsten Dorf kann einer ein wenig Englisch und demonstriert uns seine Steinschleuder zum Vögelschießen. Im umgehängten Korb hat hier jeder Mann ein dolchartiges Messer.

 

 

Und plötzlich sagt er: “Da ist mein Opa! Er möchte euch begrüßen.“ Wir drehen uns um, und dann trifft uns fast der Schlag, denn da steht der Opa in seiner Tracht mit Pfeife und mit Pfeil und Bogen für die Jagd. Wir sind völlig von den Socken, denn nie hätten wir geglaubt, so etwas noch einfach so im Alltag zu sehen. 

 

Der hölzerne Pfeil hat eine metallene Spitze, wie er uns stolz zeigt. Begleitet wird er von der Oma, die natürlich tätowiert ist und ihm sorgfältig die ausgegangene Pfeife wieder anzündet. Als wir vorsichtig fragen, ob sie uns ein Foto erlauben, stellt sich der Alte fröhlich in Positur und grinst mit all seine verbliebenen drei gelben Zahnstummeln.

 

 

Die folgenden Bilder hat Gal Jaschek gemacht, da wir in eine "Unterhaltung" vertieft waren:

 

Auch die nächsten beiden Bilder von Gal Jaschek:

 

Gal hat sich als sehr netter Gefährte erwiesen, gut dass wir mit ihm gegangen sind, denn alleine wären wir nie hierher gekommen. Es ist lustig mit ihm, weil er keine Pflanzen kennt, keine Gurkenblätter, Papayabäume, Kaffeesträucher usw. Unterwegs kommen uns immer wieder Leute mit frischem Fleisch entgegen. Bald darauf wissen wir woher: Im nächsten Dorf wurde eine Kuh geschlachtet, und jetzt wird sie auf einer Matte im Freien zerlegt. Gal, dem Vegetarier, gefriert das Blut in den Adern… (Fotos: Gal Jaschek)

 

 

Sorgfältig wird das Fleisch abgewogen.

 

 

Auf einem schmalen Fußweg gehen wir weiter nach Kiar-To. Mais wird gemahlen, Männer errichten eine neue Hütte, auf Matten ud Dächern trocknen aufgeschnittene Knollen zum Verkauf an die Chinesen. Landleben...

 

 

Bald darauf erreichen wir Kiar-To, wo wir schlafen wollen. Gal hat gelesen, dass man hier als Homestay übernachten kann, und so fragen wir bei einer Hütte, ob wir bleiben dürfen. „Ja, kommt rein!“ winken sie uns ins Haus. Im Haus eine Rauchküche, wo wie bei den Akha in Laos am offenen Feuer gekocht wird, dazu ein Wohn/Schlafraum, wo ein kleiner Tisch für Besuch und die Schlafmatten der Bewohner liegen, und wo auch wir schlafen werden. (Fotos Gal Jaschek)

 

 

Zum Haus gehören ein Ehepaar, die Mutter der Frau, deren Eltern und vier Kinder vom Schulkind bis zum Baby. Die Alte raucht ihre Pfeife, alle Frauen sind ständig mit irgendwelchen Arbeiten in der Küche beschäftigt, und die Kinder wuseln herum, furchtbar dreckig, aber fröhlich - besonders, als Karl und ich mit ihnen Ball spielen. Das Kleinkind läuft wie hier üblich ohne Hose herum, was Gal zu spüren kriegt, als er den Wonneproppen auf den Arm nimmt, und ihm die Kleine sein einziges T-Shirt vollpinkelt. Er kriegt die Krise, wir einen Lachanfall😉

 

Unserer weiteren Erlebnisse im Chin-Dorf findet ihr im nächsten Artikel, wo wir auch beschreiben, welche besondere kulinarische Köstlichkeit wir zum Abendessen bekommen, die sogar Karin ein wenig aus der gewohnten Ruhe bringt...


Wir freuen uns über eure Kommentare, Anregungen, Fragen...

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